Schumann: Vier Lieder der Mignon

Robert Schumann (1810-1856)
Vier Lieder der Mignon Op. 98a (Goethe)

Kennst du das Land
Nur wer die Sehnsucht kennt
Heiß mich nicht reden
So lasst mich scheinen

Andjela Todorovic

Moderation: Andjela Todorovic (Sopran)

Mignon ist ein tragischer Charakter aus dem Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre von Johann Wolfgang von Goethe. Sie wurde in Italien in einesehr angesehene und reiche Familie geboren. Sie war aber das Kind einer inzestuösen Liebesbeziehung zwischen Bruder und Schwester.

Als die Familie von dieser Beziehung erfuhr, trennte sie das Liebespaar und Mignons Geburt wurde vor anderen Menschen versteckt. Ihr Vater verschwand und ihre Mutter ist wahnsinnig geworden, sie akzeptierte Mignon nie als ihr Kind und gab ihr keine mütterliche Liebe.

Schließlich wurde Mignon zu einfachen Leuten auf dem Land geschickt, die sich liebevoll um sie kümmerten. Sie war ein sehr besonderes Kind, sang sehr schön, redete aber seltsam und benahm sich einzigartig. Sie kleidete sich gerne als Junge, genoss ihre Freiheit in der Natur und zeigte ein großes akrobatisches Talent.

Dann kommt die Katastrophe: eine Zirkustruppe entführt sie und bringt sie nach Deutschland. Sie wächst ohne Liebe und Vertrauenspersonen auf. Sie wird die Hauptakrobatin im Zirkus, agil und sehr schnell, aber sie ist scheu und versteckt sich vor Menschen.

Der Protagonist des Romans Wilhelm Meister lernt sie auf seiner Reise kennen und ist sich zuerst nicht sicher, ob sie männlich oder weiblich ist. Er schätzt sie auf zwölf oder dreizehn Jahre. Als er sieht, wie sie misshandelt und geschlagen wird, beschließt Wilhelm, sie vom Zirkus zu erlösen und für sie zu sorgen.

In Kennst du das Land singt Mignon zu Wilhelm Meister über ihre Heimat Italien: über goldene Orangen, glänzende Häuser und schreckliche Berge im Nebel, die durchquert werden müssen, um alle Schönheiten zu erreichen, die einen dort erwarten. Sie spricht Wilhelm als Geliebten, Beschützer und schließlich als Vater an – denn für sie vereint er alle diese Figuren.

In Nur wer die Sehnsucht kennt beginnt Mignons unerfüllte Sehnsucht nach der Heimat und den Menschen, die sie dort liebten, ihr junges Herz zu schwächen – ein Leiden, dass zu ihrem frühen Tod führen wird.

In Heiß mich nicht reden kommt ihre innere Zerrissenheit zum Ausdruck: sie möchte sich Ihrem Wohltäter Wilhelm Meister anvertrauen. Aber in einer früheren Stunde der Not hat sie sich unter den Schutz der Jungfrau Maria gestellt und geschworen, niemandem über ihre Herkunft und ihre Geschichte zu erzählen. Dieser Eid schloss ihren Mund und nur Gott kann sie davon befreien.

In So lasst mich scheinen trägt Mignon das Kostüm eines Engels für eine kleine Aufführung. Sie fühlt, dass sie bald sterben wird und möchte dieses Kleid behalten, bis sie tatsächlich ein Engel wird. Sie spricht über die Auferstehung und das Paradies, wo es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt, wo Liebe, Frieden, Harmonie und Licht herrschen. In der Not ihres Lebens ist sie lange vor der Zeit gealtert – aber im Himmel möchte sie für immer jung sein.

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